trans*
TRIGGERWARNUNG: Narben, Queerfeindlichkeit

“Ich wollte meinen Körper nicht haben und meine alte Identität am besten vergessen.“
Jaden, 22
In diesem Interview geht es um Jaden, welcher seit 5 Jahren auf Testosteron ist.
In diesem Interview geht es um Jaden, der schon seit 5 Jahren auf Testosteron ist. Als trans* Personen werden diejenigen bezeichnet, die sich nicht mit dem ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizieren. Zu den transgeschlechtlichen Menschen gehören z.B trans*Frauen (Frauen, deren Geschlechtseintrag bei der Geburt männlich war), trans*Männer (Männer, deren Geschlechtseintrag bei der Geburt weiblich war) aber auch nicht-binäre Menschen können sich als trans* identifizieren. Das Sternchen in der Bezeichnung lässt dabei Raum für verschiedene Identitäten. Die trans*Männer nehmen lebenslang das männliche Geschlechtshormon Testosteron. Das Ziel ist die Unterdrückung vom Hormon Östrogen. Dadurch wird die Menstruation unterdrückt und die Entwicklung von männlich gelesenen Körpermerkmale gestartet. Mit der Zeit kommt es zu Stimmbruch und die Stimme wird tiefer, der Körper wird athletischer und die Muskeln werden stärker. Auch die Klitoris wird durch Testosteron größer. Viele trans Personen entscheiden sich neben der Hormontherapie auch für geschlechtsangleichende Operationen.
Den Weg Jaden’s Geschlechtsangleichung, könnt ihr hier lesen:
Erzähl gerne etwas über dich.
Ich bin Jaden, 22 Jahre alt, lebe in Halle und nehme seit über 5 Jahren Testosteron.

Wie alt warst du, als du gemerkt hast, dass du im falschen Körper geboren wurdest und wie hat sich dieser Selbstfindungsprozess angefühlt?
Erste Anzeichen dafür hatte ich bereits im Grundschulalter mit dem Gedanken lieber ein Junge sein zu wollen. Damals wusste ich nicht, dass sowas überhaupt möglich ist und habe schnell den Wunsch verdrängt. Dass ich transsexuell bin, wurde mir dann mit etwa 16 Jahren klar, als ich immer häufiger über Social-Media mit der Thematik konfrontiert wurde. Einen Selbstfindungsprozess hatte ich nicht direkt. Es hat mich eher wie ein Blitz getroffen, der mir zu verstehen gab „Das bin ich“. Ich habe mich zum ersten Mal so gefühlt, als würde alles in mir endlich Sinn machen, gleichzeitig hatte ich Angst und war überfordert, was alles auf mich zukommen wird und wie es jetzt weitergeht.
Wie hast du dich damals geoutet?
Ich habe mich zuerst meiner Ex-Freundin anvertraut, da ich ihr schon mal von diesem Wunsch, ein Mann sein zu wollen, erzählt hatte, daher hatte ich keine Angst vor ihrer Reaktion. In Ihrem Beisein habe ich meiner Mutter eine WhatsApp-Nachricht geschrieben, da ich mich nicht getraut habe, ihr es persönlich zu sagen. Schnell habe ich es weiteren engen Freunden erzählt und nach wenigen Monaten habe ich mich öffentlich über Social-Media geoutet.

Wie haben deine Freunde und Familie darauf reagiert, dass du eine Transition machen willst?
Meine Freunde haben alle sehr positiv reagiert. Viele waren sehr interessiert und neugierig. Sie haben mich unterstützt und mitgefiebert, wenn es zu Fortschritten kam.
Bei meiner Familie war es deutlich schwerer, es kam oft zu Streitereien, da sie es nicht verstehen konnten und es schwer für sie war, dass „ihr Mädchen“ plötzlich ein Junge war.
Wie bist du auf deinen Namen gekommen? War es für dich und dein Umfeld schwer, sich an einen neuen Namen zu gewöhnen?
Ich habe mich nicht sonderlich lange mit der Namenssuche befasst. Ich habe mir eine kleine Liste gemacht mit Namen, die ich gut fand und auch Freunde gefragt und mich für den Namen entschieden, den ich zu dem Zeitpunkt am meisten gefühlt habe. Sich an den neuen Namen und die Pronomen zu gewöhnen, war für einige super einfach, für andere schwerer.
Das Transsexuellengesetz macht die Namen- und Personenstandsänderung vielen trans* Menschen sehr schwer. Wie war dieser Prozess für dich? Hast du dich von deinen Gutachter:innen diskriminiert gefühlt?
Dieser Prozess war für mich unfassbar anstrengend, da es leider 1 ½ Jahre gedauert hat, bis ich meinen neuen Ausweis in den Händen hielt und die Zeit bis dahin oft auch mit Zwangsouting verbunden war. Ich habe mich nicht diskriminiert gefühlt, aber ich fand es teilweise beschämend, was ich alles von mir preisgeben musste. Zum Beispiel wurde ich zu meinen Beziehungen und sexuellen Interessen befragt. Dinge, die nichts mit meinem Geschlecht zu tun haben.
Welche Operationen hast du durchführen lassen? Erzähl gerne von der Vorbereitung auf die Operationen, der Zeit im Krankenhaus und der Zeit des Heilungsprozesses.
Ich habe die Mastektomie, Hysterektomie und Adnektomie, Klitpen und Kolpektomie sowie die Phalloplastik, Glansplastik und den Skrotumaufbau durchfahren lassen. (Alle Operationien sind unten erklärt)
Die Beantragung der Kostenübernahme für die jeweiligen Operationen war mit sehr viel Stress und Geduld verbunden, da man auch dafür einiges an Unterlagen inklusive einer bestimmten Dauer an Therapiezeit braucht. Aber als ich erstmal die Kostenübernahme hatte, ging alles relativ schnell und verhältnismäßig einfach. Ich hatte vorher schon Vorgespräche in verschiedenen Krankenhäusern gemacht und konnte mir dann schnell einen Termin für die Operation machen.
Die Krankenhausaufenthalte waren für mich jedes Mal belastend, vor allem bei der Phalloplastik, weil ich aufgrund von Wundheilungsstörungen insgesamt 4 Wochen im Krankenhaus lag. Der Heilungsprozess hat bei allen Operationen länger gedauert, aber da muss man dem Körper einfach die Zeit geben, die er braucht.


Hast du transfeindliche Situationen erlebt? Wenn ja, schildere diese und deine Gefühle dazu gerne.
Ich wurde öfter absichtlich mit meinem alten Namen angesprochen, wurde als Mädchen betitelt und damit aufgezogen, dass ich keinen Penis habe. Das hat bei mir sehr stark zu Selbsthass und Verzweiflung geführt, da ich mich selbst in dem biologisch weiblichen Körper nicht akzeptieren konnte und wollte, aber zu dem Zeitpunkt nichts daran ändern konnte. Ich wollte meinen Körper nicht haben und meine alte Identität am Besten vergessen.
Wenn du dich wie Jaden fühlst oder du dich bei einigen Passagen dieses Textes angesprochen gefühlt hast, dann schaue doch mal auf dieser Webiste: https://queer-lexikon.net/ vorbei, hier sind viele Begriffe erklärt und du kannst dich über verschiedene Chats mit anderen über deine Situation und deine Gefühle austauschen.
