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Feminismus

TRIGGERWARNUNG: Nacktheit

Lena und Marie
Lena und Marie

Die meisten gesellschaftlichen Erwartungen sind vom Patriarchat und Kapitalismus geprägt, damit liegt die Antwort auf der Hand: großer Bullshit.“
Lena, 24

„Sie [Menschen] sagen, die Freiheit ist unser höchstes Gut, aber bauen eine Mauer nach der anderen. Alle Mauern müssen fallen. Das wünsche ich mir.“
Marie, 24

 
In diesem Interview geht es um Marie und Lena und über das Thema Feminismus.

In diesem Interview klären Marie und Lena über das Thema Feminismus auf, vor allem darüber, was Feminismus für sie bedeutet und was Körperbehaarung mit Feminismus zu tun hat. Feminismus setzt sich für die Gleichstellung und Freiheit aller Menschen, gegen Sexismus und Frauendiskriminierung ein. Es wird kritisiert, dass auch heute noch die meiste Macht in den Händen von Männern liegt. Feminismus kämpft sowohl für die Gleichberechtigung der Menschen in der Bildung, im Beruf und in Beziehungen als auch für die individuelle Selbstbestimmung über Körper und Sexualität. Bei der Selbstbestimmung über den eigenen Körper geht es oft um die Körperbehaarung bei Frauen. Von Frauen und anderen als weiblich gelesenen Personen wird erwartet, dass sie ihren Körper an bestimmten Stellen enthaaren, während von Männern und anderen als männlich angesehenen Personen nicht die gleichen Erwartungen gestellt werden. Marie und Lena sind der Meinung, dass diese Erwartungen vom Kapitalismus und Patriarchat geprägt werden. Die Werbung für die Produkte wie Rasierer oder Enthaarungswachs zeigt Bilder von glatten, makellosen und haarlosen Frauen, die als Schönheitsideal dargestellt werden. Da diese Standards oft unrealistisch und unerreichbar sind, sind sie für viele Frauen schädlich, da sie zu einem Mangel an Selbstvertrauen, Schamgefühlen und Körperunsicherheit führen können. Deshalb kritisieren Feminist:innen diese Art von Marketing als Teil einer größeren Kultur der Körper- und Schönheitsnormen, die Frauen dazu drängen, bestimmten ästhetischen Standards zu entsprechen und fordern daher eine Abkehr von diesen Schönheitsidealen und eine Akzeptanz verschiedener Körperformen und -größen. Die weiteren Gedanken zu dem Thema Feminismus könnt ihr im Interview lesen:

Erzähl gerne etwas über dich.

M:  Ich heiße Marie (sie/ihr), bin 24 Jahre alt und studiere seit 2017 Soziologie und Deutsche Sprache/Literatur.  Ich mag FLINTA* fronted Punk, Camping, queeren Klatsch und meine Wahlfamilie. Wütend werde ich bei Terfs, Swerfs, hierarchischer Lohnarbeit, Ignoranz und westlicher Überheblichkeit. 

L: Ich bin Lena, bin 24 Jahre alt und genau so lange lebe ich auch schon in Halle (Saale). Ich studiere Geographie und stehe nun kurz vor meinem Abschluss. Die meiste Zeit investiere ich allerdings in meine Freizeit. Ich bin viel und gern mit meinen Freunden unterwegs, spiele Bass/singe in einer Punkband und gehe bouldern. Ab und zu nehme ich auch mal ein Buch in die Hand und versuche mich in politischer und feministischer Theorie weiterzubilden oder was sonst so gefällt. Achso, ich habe leider auch eine affinität für Trash-TV.

Wie definierst du Feminismus für dich und wie ist es dazu gekommen, dass du Feministin geworden bist?

M:  Feminismus ist für mich vor allem Solidarität. Feminismus heißt gemeinsamer Kampf, bis jeder Mensch vollkommen frei ist.   Ich glaube, dass mein ComingOut mir selbst gegenüber viel zu meiner Politisierung beigetragen hat. Danach wollte ich mich nicht mehr anpassen, weil queeren Menschen sowieso oft das Gefühl entgegengebracht wird, irgendwie nicht so richtig zu passen. Und mir wurde bewusst, dass es okay ist, eine wütende Frau zu sein, weil es viele von uns gibt und Wut sehr viel produktiver ist als stumme Akzeptanz. 

Marie
Welche feministischen Ideen verfolgst du?

M:  Feminismus fängt im Privaten an und muss von uns allen getragen werden. Sag deinem Freund, wenn er sich wie ein sexistisches Arschloch verhält. Sag deiner Freundin, dass sie nicht die Pille nehmen muss, wenn es sich nicht gut anfühlt. Sag deinem Freund, dass es okay ist, zu weinen und sich Hilfe zu suchen. Sag deiner Freundin, dass es okay ist, wütend und laut zu sein und unterbrich öfter mal die Männer, die dir die Welt erklären wollen. Wenn wir alle mehr aufeinander aufpassen, wäre schon viel erreicht. 

Was hat Körperbehaarung für dich mit Feminismus zu tun?

M: Selbst zu entscheiden, was wir für unsere Körper und an unseren Körpern wollen, was sich gut anfühlt und was nicht, hat viel mit Feminismus zu tun.  

L: Der Schnittpunkt ist wohl das Auflehnen gegen patriarchal geprägte gesellschaftliche Zwänge oder vermittelte Bilder. Zumindest ist es für mich seit einigen Jahren meine Rebellion im Kleinen und war am Anfang ein politischer Akt. Nach kurzer Zeit habe ich meine Haare lieb gewonnen und finde es mittlerweile einfach schön an mir selbst und anderen.  Mit meinen Haaren fühle ich mich selbstbestimmt!

Lena
Was hältst du davon, dass sich weiblich gelesene Personen aufgrund von gesellschaftlichen Erwartungen oder Sicherheitsstandards rasieren sollen?

M: Das ist Müll, der in die Welt gesetzt wurde, damit alte weiße Männer nicht nur mit Barttragenden Geld verdienen können. Die Gesellschaft erfüllt meine Erwartungen auch nicht, so what!?

L: Die meisten gesellschaftlichen Erwartungen sind vom Patriarchat und Kapitalismus geprägt, damit liegt die Antwort auf der Hand: großer Bullshit. 

Glaubst du, dass "das Schönheitsideal der Frau" dazu beiträgt, Ungleichheit und Diskriminierung zu fördern?

M: JA!!! 


L: Ouh hell yes!

Ist Feminismus deiner Meinung nach Männerfeindlich/kennst du männlich gelesene Feministen?

M: Feminismus ist nicht männerfeindlich, weil es um die Freiheit ALLER Menschen geht. Das Patriarchat sperrt auch die Männer hinter bestimmte Gitter. Die sind zwar anders als unsere Gefängnisse, sind aber immer noch Gefängnisse.  Ich kenne feministische Cis-Männer (Red.: Männer, die mit dem männlichen Geschlecht geboren wurden und sich damit identifizieren), die sich selbst aber nicht Feministen nennen und Cis-Männer, die sich selbst Feministen nennen, aber keine sind. 

L: Zunächst kommt bei mir die Frage auf, ob Männer Feministen sein können. Die Frage habe ich für mich noch nicht abschließend geklärt. Sie können aber als Unterstützer auftreten! Unterstützer kenne ich! Leider gibt es auch genug Typen, die sich Feminismus groß auf die Fahne schreiben, aber letzten Endes nichts dahintersteckt. Männerfeindlich ist Feminismus auf keinen Fall. Wenn ich versuche meine feministische Utopie zu Ende zu denken, geht es einfach um die Befreiung aller.

Hast du als Feministin negative Erfahrungen gemacht oder erfahren?

M:   Ich finde es schlimm, wenn Menschen der Meinung sind, dass es keinen Feminismus mehr braucht. Das schlimmste war aber, zu erfahren, dass es sowas wie Radikalfeminismus gibt, weil ich nicht verstehen kann, warum wir uns untereinander bekriegen müssen und, warum es “Feminist_innen” gibt, die nicht anerkennen, wie viel BiPoCs, Sexarbeiter*innen und transidente Menschen für die Rechte von FLINTA*s (red. FLINTA* steht für Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender Personen.) getan haben. 

Marie liegt Nackt auf dem Boden

Welche politischen Veränderungen wünschst du dir in Bezug auf Gleichberechtigung und Selbstbestimmung?

M:  Ich wünsche mir, dass alle Menschen, die es wollen und brauchen; ohne staatliche Einmischung, großen finanziellen oder zeitlichen Aufwand; Einfluss auf ihre persönlichen Angelegenheiten nehmen können. Veränderung des Äußeren, des Namens, des Geschlechts, des Wohnorts (weil der individuelle Bildungsweg überall gleich viel wert wäre) etc. Sie sagen, die Freiheit ist unser höchstes Gut, aber bauen eine Mauer nach der anderen. Alle Mauern müssen fallen. Das wünsche ich mir. 

Falls dir noch Dinge einfallen, welche du loswerden möchtest, kannst du diese gerne einfach noch erzählen.

M: Unterdrückte aller Länder, vereinigt euch! Nur zusammen retten wir die Welt. Self Care ist genauso produktiv wie andere Care Arbeit und Lohnarbeit.   Bedingungsloses Grundeinkommen für alle!  Und zuletzt: Es hat mich viel Zeit und Nerven gekostet, mich um irgendwelche Stoppeln und Haare zu sorgen und ich selbst war nie der Grund dafür. Letztendlich wird sich aber niemand, der dir nah sein will, an ein paar Haaren stören UND Haare sind weich und schön und gut! 

L: Kein Gott, kein Staat, kein Patriarchat und am besten auch kein Mietvertrag.

Lena und Marie nackt auf dem Boden
Lena und Marie nackt auf dem Sofa am Rauchen
Lena und Marie liegen Nackt auf dem Boden
Lena liegt nackt auf einer Couch