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Essstörungen – unsichtbar und gefährlich

Eine Essstörung ist eine der häufigsten chronischen psychischen Störungen im Erwachsenenalter. Betroffene beschäftigen sich dabei ständig gedanklich und emotional mit dem Thema „Essen“. Doch tatsächlich gibt es nicht nur eine Essstörung – welche Formen es gibt, woran Betroffene leiden und wie man Essstörungen behandeln kann, erfahrt ihr hier.

Im Grunde genommen gibt es drei wesentliche Hauptformen von Essstörungen, wie das Bundesministerium für Gesundheit berichtet. Auch wenn sie im Erwachsenenalter auftreten, entwickelt sich eine Essstörung meistens schon im Jugendalter oder im jungen Erwachsenenalter. Die drei Hauptformen sind Magersucht (Anorexie), Ess-Brech-Sucht (Bulimie) und Binge-Eating-Störung. Häufig treten Essstörungen als eine Mischung dieser unterschiedlichen Formen auf.

Die Magersucht (Anorexie)

„Was esse ich, wenn ich nach Hause komme? Einen halben Kopf Salat, eine Tomate, etwas Essig? Und am Abend muss ich joggen gehen. Unbedingt bei der Wampe…“

Magersucht ist eine schwerwiegende und langwierige Erkrankung. Aufgrund ihrer Auswirkungen muss sie unbedingt behandelt werden. Typische Erscheinungsmerkmale dieser Essstörung sind ein starker Gewichtsverlust bzw. ein anhaltendes Untergewicht sowie die Angst vor einer Gewichtszunahme. Daher kontrollieren Betroffene sehr stark ihre Nahrungsaufnahme, indem sie sehr wenig essen und beispielsweise sehr langsam essen oder komplett auf kalorienreiche Nahrung verzichten. Zusätzlich nehmen einige Betroffene Medikamente ein, erbrechen sich oder treiben übermäßig Sport. Menschen, die an Magersucht leiden, fühlen sich auch dann noch in ihrem Körper unwohl, wenn sie längst untergewichtig sind. Die Krankheit selbst kann aufgrund unterschiedlichster Ursachen entstehen. Dabei haben oft biologische und körperliche, persönliche oder gesellschaftliche Faktoren einen Einfluss. Auslöser einer Magersucht können belastende Erlebnisse wie beispielsweise Mobbing oder eine Trennung sein. Aber auch körperliche Veränderungen in der Pubertät können sie auslösen. Daher beginnt eine Magersucht oft auch während der Pubertät. Oftmals sind Menschen im Leistungssport betroffen, vor allem dann, wenn es beim Sport um Schlankheit und Körpergewicht geht. Natürlich kann eine Magersucht behandelt werden. Die Erfolgsaussichten sind bei einer frühzeitigen Erkennung der Krankheit besonders gut. Zuerst geht es bei der Behandlung darum, die Symptome zu lindern und Betroffenen dabei zu helfen, an Körpergewicht zuzunehmen und ein gesundes Essverhalten zu entwickeln. Danach muss herausgefunden werden, was die Auslöser waren und wie man einen Rückfall verhindern kann. Denn selbst nach einer erfolgreichen Behandlung bleiben die Symptome oft bestehen, sodass es leicht zu Rückfällen kommen kann.

Die Ess-Brech-Störung (Bulimie)

„Als ich 15 war, hatte ich wieder einmal eine wochenlange, mühevolle Diät hinter mir und war stolz auf meine Figur. Aber es kam, wie es kommen musste, ich war zu einer Geburtstagsparty eingeladen und es schmeckte mir so gut, dass ich hinterher das Gefühl hatte, zu platzen. Ich ärgerte mich über meine Gier und dachte an meine Figur, die ich mir so mühsam erkämpft hatte. Ich ging auf die Toilette und erbrach zum ersten Mal. Es war nicht leicht, eigentlich sogar eine entsetzliche Quälerei, das ganze Essen wieder herauszubekommen, aber das Glücksgefühl am nächsten Tag, trotz meiner maßlosen Esserei abgenommen zu haben, war überwältigend. Das war der Anfang der Bulimie, der Anfang eines grauenhaften Weges, den ich irgendwann nicht mehr verlassen konnte.“

Im Gegensatz zur Magersucht, sind regelmäßige Essanfälle das Hauptsymptom einer Bulimie. Dabei essen Betroffene mehr als andere Menschen in einer ähnlichen Situation und haben das Gefühl, nicht kontrollieren zu können, was und wie viel sie essen. Ähnlich wie bei der Magersucht tun sie danach alles, um nicht an Gewicht zuzunehmen: Hungern, Fasten, übermäßiges Sporttreiben, Erbrechen. Manchmal werden auch Medikamente, wie beispielsweise Abführmittel, eingenommen, um eine Gewichtszunahme zu verhindern. Die Bulimie tritt vor allem im späten Jugendalter und frühen Erwachsenenalter ein. Tatsächlich sind die meisten Betroffenen weiblich. Wie bei der Magersucht, können auch bei der Bulimie biologische und körperliche, persönliche oder gesellschaftliche Faktoren sowie belastende Ereignisse Auslöser der Krankheit sein. Auch hier sind Menschen im Leistungssport besonders anfällig, besonders dann, wenn es dabei um eine schlanke Figur geht und das Körpergewicht eine Rolle spielt. Bulimie schadet nicht nur rein äußerlich, indem die Betroffenen untergewichtig sind, sondern wirkt sich auf den gesamten Körper aus. So schädigt häufiges Erbrechen dauerhaft die Zähne und die Speiseröhre, es kann zu Störungen des Verdauungssystems kommen, zu einem Mangel an Nährstoffen. Betroffene leiden oft zusätzlich an psychischen Erkrankungen wie Depression oder Angststörungen. Doch eine Erkrankung an Bulimie kann behandelt werden. Dabei lernen Betroffene zuerst, wieder normal zu essen. Auch die Ursachen und Auslöser werden gesucht und behandelt. Es werden Strategien entwickelt, die vor einem Rückfall schützen sollen. 

Die Binge-Eating-Störung

„Ich ging in den Supermarkt, nein, lief fast immer, so schnell es nur ging, und hatte ich den Einkaufswagen in der Hand, wurde plötzlich alles mechanisch und ich hatte das Gefühl, neben mir selbst zu stehen und mit mir selbst zu streiten: Nein, tu es nicht, ich will nicht, ich will nicht mehr fressen, ich habe überhaupt keinen Hunger, und die andere Stimme sagte: Du tust es doch, weil du musst, weil du ein Versager bist. Ich war bei diesem Wortspiel immer ganz weggetreten und legte dabei ein Lebensmittel nach dem anderen in den Wagen.“

Neben Magersucht und Bulimie ist auch die Binge-Eating-Störung eine Krankheit, die ernst zu nehmen ist und unbedingt behandelt werden muss. Menschen, die unter dieser Krankheit leiden, essen innerhalb kürzester Zeit große Mengen an Nahrungsmitteln und haben das Gefühl, die Kontrolle über ihr Essverhalten zu verlieren. Der englische Begriff „binge eating“ bedeutet so viel wie „übermäßiges Essen“. Betroffene haben das Gefühl, nicht mehr mit dem Essen aufhören zu können. Kennzeichen einer Binge-Eating-Störung sind schnelles Essen, essen unabhängig vom Hunger sowie allein zu essen und es zu verheimlichen. Betroffene leiden unter diesen Essanfällen und greifen nur selten zu Maßnahmen, um das Gewicht zu regulieren. Die Mehrheit der Betroffenen ist daher (stark) übergewichtig. Wie bei den anderen beiden Formen von Essstörungen, können auch hier biologische und körperliche oder persönliche Faktoren, aber auch familiäre Einflüsse Ursache der Krankheit sein. Auslöser sind dabei oftmals emotionale Probleme. Wie die Bulimie, beginnt auch die Binge-Eating-Störung im späten Jugendalter bzw. frühen Erwachsenenalter. Bei einer Behandlung dieser Essstörung geht es darum, die Auslöser zu finden und ihr Auftreten zu vermeiden. Betroffene müssen lernen, gesund und regelmäßig zu essen. Bei übergewichtigen Patient*innen kann auch eine Gewichtsabnahme als Teil der Behandlung eine Rolle spielen. Auch hier kann es zu Rückfällen kommen.

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