In diesem Kommentar beziehe ich mich als nicht menstruierender Mann auf meine Erfahrungen mit dem Thema „Menstruation“. Damit soll einfach mal ein anderer Blickpunkt auf die Thematik geworfen werden. Mein Wissen ist dabei logischerweise nur beschränkt, mein Ziel ist es lediglich meine Perspektive zu verschriftlichen, ohne ihr dabei eine besondere Relevanz beim Umgang mit Menstruation in Gesellschaft und Politik zu geben. Alle Namen wurden selbstverständlich geändert.

Eine sehr prägnante erste Erinnerung zum Thema Menstruation gab es bei mir nicht. Irgendwann erfuhr ich im Sachkundeunterricht so nebenbei, dass Frauen einmal im Monat “da unten“ bluten. Im Schlecker fielen zusätzlich ab und zu mal beim Einkaufen die Packungen mit Tampons und Binden auf, welche zu Hause dann im Badezimmerschrank wieder gefunden wurden. Schnell die Packung studiert, durchgelesen, die Hälfte verstanden und genauso wie aufgefunden wieder zurückgelegt. Ist halt irgendwas mit Blut, wahrscheinlich so eine Art Pflaster. Aber ach egal, ist ja eh nicht für Jungs. Blut habe ich außerdem jedes Mal nach dem Fußballtraining ja auch an den Knien. Kindliche Gedanken – im Nachhinein betrachtet eigentlich der absolut richtige Umgang mit Menstruationsblut.
Im Biologieunterricht wurde dies dann in der 7. oder 8. Klasse nochmal vertieft. Bio lag mir damals sowieso, also wurde auch beim Thema Geschlechtsorgane und Schwangerschaft einfach alles auswendig gelernt und in der Sexualkunde-Klassenarbeit die nächste 1 geholt. Kurz wurden sich natürlich auch mal Gedanken gemacht, wie genau das den jetzt im realen Leben ist. Anders als Photosynthese, war das ja irgendwie greifbarere. Die Pubertät klopfte so langsam an, alles am anderen Geschlecht war sowieso eklig, außer vielleicht Laura aus der Parallelklasse. In der Jungskabine, kurz vor oder nach dem Sportunterricht habe ich dann mit den Kumpels darüber getratscht, welche Mädchen gerüchteweise schon ihre Tage gehabt haben sollen und damit als mega erwachsen und reif galten. Hoffentlich nicht Laura, da bin ich sonst viel zu kindlich für sie, und außerdem hat sie dann schon bestimmt Sex und solche Sachen. Außerhalb der drei bis vier Wochen, in denen Sexualkunde behandelt wurde, sprach dabei kein Erwachsener so wirklich offen über Menstruation. Selbst in der Schule wurde das Thema nur ganz kurz angeschnitten und sehr klinisch betrachtet. Einziges Symptom, welches mir damals bewusst war, war dieses Blut, welches wohl sintflutartig aus den Mädchen floss, wenn sie mal wieder nicht schwanger waren. Und so ein wenig Bauchschmerzen.
Die Jahre vergingen, das mit Laura wurde dann doch nichts und so langsam übernahm man die “erwachsene“ Haltung zur Menstruation. Ist halt so eine Mädchensache, brauch uns Jungs nicht kümmern. Der Kontakt zu Mädchen bestand zu dieser Zeit eh nur freundschaftlich, gar keine Zeit für eine Beziehung. Der ein oder andere Kumpel beschwerte sich manchmal, wenn am Wochenende Sex nicht möglich war, da die Freundin mal wieder ihre „Erdbeerwochen“ hatte. Anschließend kam dann meist noch der Spruch „Ein Pirat sticht auch mal ins rote Meer“ aus einer Ecke, es wurde kurz gelacht und weiter über Fußball geredet. Falls ein Mädchen aus dem Freundeskreis komisch drauf war, gab es natürlich das klassische „Na, hast du wieder mal deine Tage?“ zu hören. Dass Frauen irgendwie während dieser Zeit komisch drauf sind, wusste man aus „Two and a Half Men“. Charlie Sheen als Vermittler für Menstruationssymptome, was kann da schon schief gehen.
Mit 17-18 Jahren merkte ich so langsam: Dies ist vielleicht nicht die einzige Möglichkeit, Menstruation zu thematisieren. Zusätzlich zum meist männlich-dörflichen Freundeskreis, gab es jetzt auch einen eher weiblich-städtischen Kreis durch das Abi. Hier wurde offen darüber geredet, wenn man mal wieder „seine Tage“ hat, welche Produkte am besten sind und wie man seine Freundin am besten umsorgt. So langsam wurde auch ich offener dafür und hörte bei den Gesprächen nicht nur so halb zu. Nach dem Abitur ging es zum Studium, hier wurde dann beim Umzug in die (rein männliche) WG gemeinsam ein Papierkorb für das Bad angeschafft. Ach, sind wir zuvorkommend; ach, sind wir modern!

Immer mal wieder so nebenbei Thema kurzer Gespräche, doch erst mit der ersten richtigen Freundin im zarten Alter von 23 wurde Menstruation wirklich mal Gegenstand von richtigen Unterhaltungen. Ich lernte, was eine Menstruationstasse ist und wie man sie reinigt, dass nicht nur der Unterleib schmerzen kann und wie man mit dem Thema Sexualität und Menstruation umgeht. Weder im Unterricht oder durch die Erziehung meiner Eltern, noch durch Gespräche mit Freunden erfuhr ich nur ansatzweise so viel über diese Thematik. Hat ganz schön lange gedauert.
Doch, was genau muss sich nun aus meiner Sicht, als nicht menstruierender Mann, ändern? Definitiv ein offenerer Umgang zu diesem Thema! Das fängt im Biologieunterricht an und hört bei der Talkrunde im ZDF auf. Kostenlose Hygieneprodukte auf öffentlichen Toiletten, mehr Verständnis für die vielfältigen Symptome – und warum zur Hölle gibt es in einigen europäischen Ländern noch so eine hohe Steuer auf Tampons und Binden? Mir ist dabei wichtig, mich nicht auf ein hohes, moralisches Podest zu stellen., frei nach dem Motto: „Seht her, ich gehe damit so modern und offen um, macht es gefälligst nach, ach bin ich toll und progressiv“. Am Ende ist es eine ganz normale Sache, so wie das Blut an den Knien nach dem Fußball spielen.